Als meine Familie und ich endlich im Auto saßen, ahnte ich nicht, was mir noch bevorstehen würde. Mein Mann war gestresst vom Packen des Kofferraums. OK, das Packen hat ein wenig an das Computerspiel Tetris erinnert – der Kofferraum ist klein, die Koffer groß und zahlreich und kein Platz blieb ungenutzt auf unserer Urlaubsfahrt in die Bretagne. Meine Kinder saßen auf der Rückbank und waren ruhig. Noch. Die Ruhe sollte nur kurz anhalten.
Die ersten zwei Stunden der Fahrt konnten sich die Jungs noch halbwegs gegenseitig beschäftigen, aber dann ging es mit den typischen Fragen – die wohl jeder Elternteil kennt – los: „Wie laaange ist es noch bis zum Meer?“. Und das zu einem Zeitpunkt, als noch nicht einmal ein Viertel der Strecke geschafft war.
Ich versuchte sie noch mit Spielen wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ abzulenken, aber auch das half nur für kurze Zeit. Als nächstes versuchte ich es mit „Ich packe meinen Koffer und nehme mit“. Dieses Spiel fand ich als Kind immer besonders nett, aber meine zwei Energiebündel auf der Rückbank waren nicht so recht begeistert und am Ende blieben nur mein Mann und ich übrig, die irgendwo bei Gegenstand Nummer 25 auch aufgaben.
Schnell stellte sich heraus, dass es ein Fehler gewesen war, Maoams einzupacken. Die beiden hatten begonnen sich gegenseitig unter Kriegsgebrüll, das sie aus dem Fernseher kennen mussten, mit den bunten Süßigkeiten zu bewerfen. Der Kleine stand dem Großen dabei in nichts nach. Als Krönung klebten dann bunte Masse an undefinierten Kaubonbon an dem neuen Maxi Cosi Tobi, den mein Mann extra wegen der langen Urlaubsfahrt gekauft hat. Toll!
Mein Mann, der fuhr, sah mich mit flehendem Blick an und ich muss zugeben, dass ich versucht war, mein Smartphone auf die Rückbank zu reichen, damit die Kids sich einen Film anschauen.
Das ist immer sehr wirkungsvoll und sorgt sofort für Ruhe, aber ich kann es vor mir selbst nur schwer vertreten. Vor allem der Kleine interpretiert auch harmlose Szenen oft falsch und träumt dann sehr schlecht. Zudem ist häufiger Fernsehkonsum nicht gut für die Phantasie von Kindern, wie ich schon oft gelesen habe. Ganz anders als Bücher!
Aus diesem Grund halten wir an der nächsten Raststätte und während sich mein Mann einen Kaffee holt, krame ich im Kofferraum nach Kinderbüchern, die ich vorsorglich und in weiser Voraussicht mitgenommen habe. „Die kleine Hexe“ ist ein Klassiker, den ich selbst als Kind auch schon vorgelesen bekommen habe. Als ich beginne, den Jungs daraus vorzulesen, kehrt sofort die lang erhoffte Stille ein und die beiden hören mir gebannt zu, während sie sich an ihre blau-weiß gestreiften Kuschelkissen lehnen. Auch mein Mann versinkt in die Welt der kleinen Hexe und es macht sich eine gemütliche Atmosphäre breit.
So lässt sich eine lange Fahrt in den Urlaub, auf den wir uns so lange gefreut haben, wirklich sehr gut aushalten und ich bin mal wieder überglücklich, dass auch heute noch Bücher für Kinder durch nichts zu ersetzen sind.